Vier Millionen Euro Minus: Trier nimmt weniger Gewerbesteuer ein

Trier · Neun von zwölf kreisfreien Städten in Rheinland-Pfalz haben im ersten Quartal 2012 ihre Steuereinnahmen im Vergleich zum Vorjahr gesteigert. Trier hat dagegen bei der Gewerbesteuer ein Minus von 29 Prozent gemacht - obwohl der Steuersatz in diesem Jahr angehoben worden ist.

 Die Stadtverwaltung rechnet 2012 mit einem Gewerbesteuerplus – im ersten Quartal des Jahres sind die Einnahmen allerdings erstmal kräftig eingebrochen. TV-Foto: Friedemann Vetter

Die Stadtverwaltung rechnet 2012 mit einem Gewerbesteuerplus – im ersten Quartal des Jahres sind die Einnahmen allerdings erstmal kräftig eingebrochen. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. "Kommunen nehmen im ersten Quartal mehr Steuern ein", verkündet das Statistische Landesamt auf seiner Homepage. Auf neun der zwölf kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz trifft die Überschrift zu. Auf Trier nicht.
Durchschnittlich haben die kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz von Januar bis März im Vergleich zum Vorjahr ihre Einnahmen aus Gewerbesteuer, Grundsteuer, ihrem Anteil an der Einkommensteuer und anderen Abgaben, die an die Kommunen fließen, um neun Prozent steigern können. Für Trier steht in der Statistik des Landesamtes für das erste Vierteljahr 2012 dagegen ein dickes Minus unterm Strich.
Mit Mehreinnahmen gerechnet


Bei der Gewerbesteuer beläuft sich der Einbruch auf gut 29 Prozent: Statt wie im ersten Quartal 2011 rund 13,5 Millionen Euro zahlten die Trierer Betriebe in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres nur 9,5 Millionen Euro Gewerbesteuer in die Stadtkasse. Dabei hatte die Stadtverwaltung gerade bei der Gewerbesteuer mit Mehreinnahmen gerechnet: Der Stadtrat hatte für 2012 den Hebesatz - eine Kennzahl, mit der die Gewerbesteuer abhängig vom Unternehmensgewinn ermittelt wird - von 390 Prozent auf 420 Prozent angehoben (siehe Extra).
Die städtischen Einnahmen aus der Gewerbesteuer sollten sich dadurch im gesamten Jahr 2012 auf 52,5 Millionen Euro erhöhen - 10,5 Millionen mehr als 2011.
Nun scheint es, als könnten die Einnahmen unter denen des Vorjahres liegen.
Die Stadtratsfraktion der Trie rer Grünen hat von Triers Oberbürgermeister eine Erklärung für den Einbruch gefordert. In der Sitzung des Steuerungsausschusses am Donnerstag will Klaus Jensen die Zahlen erläutern.
Tatsächlich kann von dem Minus im ersten Jahresquartal nicht auf das gesamte Jahr geschlossen werden. Bei der Gewerbesteuer wirken sich oft Nachzahlungen aus unerwarteten Unternehmensgewinnen des Vorjahres aus, die erst später im Jahr kassenwirksam werden.
Ausschuss tagt am Donnerstag


Ursächlich für den Rückgang bei der Gewerbesteuer könnte auch sein, dass ein großer Betrieb eine hohe Summe investiert hat und die Abschreibung dafür den Unternehmensgewinn und somit die Höhe der Gewerbesteuer drückt. "Trotzdem: Ein Rückgang von 29 Prozent ist schon extrem", sagt Matthias Schwalbach, bei der Handwerkskammer Trier zuständig für die Wirtschaftsförderung. Dass die Erhöhung des Hebesatzes schuld sein könnte, glaubt Schwalbach nicht. "Zwar könnte es sein, dass Betriebe wegen der Steuererhöhung in Erwägung ziehen, in den Landkreis umzuziehen, wo die Steuer geringer ist. Aber der Hebesatz ist ja erst Anfang 2012 angehoben worden - so schnell kann das keine Auswirkungen haben." Die Auftragslage im Trierer Handwerk verursache den Steuerrückgang ebenfalls nicht: Die Handwerksbetriebe im Stadtgebiet hätten 2011 rund 500 Millionen Euro Umsatz gemacht. "Nach unseren Schätzungen werden es in diesem Jahr etwa drei bis vier Prozent mehr sein", sagt Schwalbach.
Setzt sich der Trend des ersten Halbjahres mit einem Steuerrückgang von 29 Prozent fort, würde die Stadt statt der erwarteten 50,5 Millionen Euro nur rund 35,5 Millionen Euro Gewerbesteuer einnehmen.
Die Millionen würden an allen Ecken und Enden fehlen. Die aktuellen Sparbemühungen - wie zum Beispiel die 160 000 Euro bei den Jugendhilfeeinrichtungen der Stadt, die für viel Protest gesorgt haben - würden verdampfen wie ein Tropfen Wasser in der derzeitigen Augustsonne.Extra

Gewerbesteuerentwicklung in ausgewählten kreisfreien Städten in Rheinland-Pfalz, erstes Quartal 2011/erstes Quartal 2012: Trier: minus 29 Prozent auf 9,5 Millionen Euro, Kaiserslautern: plus 38 Prozent auf 13,8 Millionen, Koblenz: plus 20 Prozent auf 23,7 Millionen, Ludwigshafen: minus 24 Prozent auf 38,6 Millionen, Zweibrücken: minus 18 Prozent auf 2,9 Millionen. Im Vergleich zu 2011 ist die Gewerbesteuer in Trier zwar zurückgegangen, allerdings war 2011 ein besonders gutes Jahr, das mehr als 42 Millionen Euro Gewerbesteuer in den Stadtsäckel gespült hat. In den Krisenjahren 2009 (29 Millionen Euro) und 2010 (31 Millionen Euro) war das deutlich weniger. Vor der Wirtschafts- und Finanzkrise lag das Gewerbesteueraufkommen in Trier allerdings auch auf höherem Niveau: 2006: 44,5 Millionen Euro, 2007: 38,7 Millionen Euro, 2008: 43,7 Millionen Euro. Über den Hebesatz wird ermittelt, wie viel Gewerbesteuer ein Betrieb zahlen muss: Der Unternehmensgewinn wird zunächst mit der einheitlichen Steuermesszahl 0,035 und dann mit dem von Kommune zu Kommune unterschiedlichen Hebesatz multipliziert. Ein vereinfachtes Beispiel: Macht ein Unternehmen 50 000 Euro Gewinn, ergibt das multipliziert mit 0,035 die Summe 1750. Multipliziert mit dem Trierer Hebesatz von 420 Prozent (mal 4,2) ergibt sich ein Gewerbesteuerbetrag von 7350 Euro. woc

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