Zahlungen der Kommunen sind illegal

Rivenich/Luxemburg · Klatsche für die Kommunen im Land: Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg sieht die kommunalen Zuwendungen für die Tierkörperbeseitigung als illegal an. Die im Zweckverband Tierkörperbeseitigung zusammengeschlossenen Kommunen betreiben eine Anlage in Rivenich (Bernkastel-Wittlich).

 **** eli@s-Archivfoto **** Der Antrag der Tierkörperbeseitigungsanstalt (TBA) Rivenich auf Erhöhung der Stundenleistung liegt auf Eis. Die Bezirksregierung Trier will vor einer Entscheidung in einem Obergutachten verlässliche Daten über die Geruchsbelästigung einholen. Foto: Klaus Kimmling +In der Tierkörperbeseitigungsanstalt Rivenich soll vor sieben Jahren monatelang BSE-Risikomaterial weiterverarbeitet worden sein. Foto: TV-Archiv/Klaus Kimmling

**** eli@s-Archivfoto **** Der Antrag der Tierkörperbeseitigungsanstalt (TBA) Rivenich auf Erhöhung der Stundenleistung liegt auf Eis. Die Bezirksregierung Trier will vor einer Entscheidung in einem Obergutachten verlässliche Daten über die Geruchsbelästigung einholen. Foto: Klaus Kimmling +In der Tierkörperbeseitigungsanstalt Rivenich soll vor sieben Jahren monatelang BSE-Risikomaterial weiterverarbeitet worden sein. Foto: TV-Archiv/Klaus Kimmling

Rivenich/Luxemburg. Überraschend ist sie nicht, die Entscheidung der Luxemburger Richter am Europäischen Gerichtshof: Die finanzielle Unterstützung des Zweckverbands Tierkörperbeseitigung durch seine 44 Mitglieder (alle Kommunen aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland und zwei aus Hessen) ist rechtswidrig. Jedes Jahr zahlen die Zweckverbandsmitglieder 2,25 Millionen Euro an den Zweckverband. 42 Millionen Euro haben sich seit 1998 bereits angehäuft. Sie sollen, so die Begründung des Zweckverbands, die Verluste der vom Zweckverband betriebenen Tierkörperbeseitigungsanlage in Rivenich (Bernkastel-Wittlich) ausgleichen. Die Anlage ist nicht ausgelastet.
Die Zahl der geschlachteten Tiere und damit der Schlachtabfälle geht zurück. Und es gibt weniger Tierseuchen, die die Vernichtung von toten Tieren notwendig machen. Doch genau für den Fall, falls nämlich eine Seuche ausbricht und innerhalb kurzer Zeit Hunderte Tiere entsorgt werden müssen, wollen die Kommunen die Anlage in Rivenich weiter in Eigenregie betreiben. Sie und das Land sehen im Vorhalten der sogenannten Seuchenreserve eine hoheitliche Aufgabe. Und daher, so die Argumentation des Zweckverbands, sind die jährlichen Umlagen keine staatliche Beihilfe.Keine hoheitliche Aufgabe


Das eben sehen die Richter am Europäischen Gerichtshof anders. Der Betrieb der Tierkörperbeseitigung sei keine hoheitliche Aufgabe, sondern es handele sich um eine wirtschaftliche und damit unternehmerische Tätigkeit. Und diese dürfe nicht mit öffentlichen Geldern unterstützt werden. Das verstoße gegen Wettbewerbsrecht, denn bei der finanziellen Unterstützung handele sich um illegale, staatliche Beihilfen.
Die Luxemburger Richter folgen damit der EU-Kommission, die bereits 2012 die Umlagen der Zweckverbandsmitglieder als illegal eingestuft haben und eine Rückzahlung der seit 1998 aufgelaufenen Summe gefordert haben. Dagegen klagte nicht nur der Zweckverband, sondern auch die Bundesrepublik. Die Bundesregierung sieht die jährlichen Zahlungen der Kommunen als gerechtfertigt an. Doch genau diese Klagen hat der Europäische Gerichtshof gestern abgewiesen. Und damit der EU-Kommission entsprochen - aber auch einem privaten Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen, das Tierkörperbeseitigung anbietet.
Das Unternehmen betrieb bis 2009 eine Tierkörperbeseitigung im hessischen Schwalmtal-Hopfgarten. 2008 bewarb sich der rheinland-pfälzische Zweckverband für die Beseitigung von Tierkörpern und Schlachtresten in zwei hessischen Kreisen und erhielt auch den Zuschlag. Das private Unternehmen war damit raus. Eine Klage vor dem Trierer Verwaltungsgericht gab der Firma aus Nordrhein-Westfalen zwar recht. Auch die Trierer Richter haben damals schon in den staatlichen Zuwendungen für den Zweckverband illegale staatliche Beihilfen gesehen. Doch der Zweckverband prozessierte bis zur obersten Instanz, dem Bundesverwaltungsgericht, gegen die Entscheidung und bekam schließlich recht. Bis gestern.Rückzahlung droht


Nun droht möglicherweise die Rückzahlung der seit 1998 gezahlten Umlagen. "Wir hätten uns schon ein anderes Urteil insbesondere auch für alle Mitarbeiter gewünscht", sagt Zweckverbandsvorsteher und Cochem-Zeller Landrat Manfred Schnur. Der parlamentarische Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, der Cochemer CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Bleser, sieht in dem Urteil einen Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht. Die Bundesregierung werde die Begründung des Urteils prüfen und danach entscheiden, ob sie Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen werde.
Bereits Anfang des Jahres ist von der Landesregierung ein neues Gesetz auf die Schiene gesetzt worden. Demnach soll der Zweckverband aufgelöst werden. Da die Kommunen aber zur Tierkörperbeseitigung verpflichtet sind, sollen diese eine neue Gesellschaft gründen, aber dafür keine Umlagen mehr bezahlen. Künftig soll die Tierkörperbeseitigung kostendeckend vonstattengehen, Landwirte und Schlachtbetriebe müssen dann wohl mit höheren Gebühren für die Entsorgung der Tierkörper und -reste rechnen. Nächste Woche soll der Landtag nach Auskunft des rheinland-pfälzischen Landwirtschaftsministeriums über das Gesetz entscheiden. "Es bleibt unser Ziel, den guten Standard der Tierkörperbeseitigung der Kommunen in Rheinland-Pfalz zu erhalten und diesen sensiblen Sektor nicht allein dem freien Spiel der Marktkräfte und den Gewinninteressen gewerblicher Abfallentsorger unterzuordnen", sagt Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken. Demnach soll die Tierkörperbeseitigung in Rheinland-Pfalz auch weiterhin nicht ausgeschrieben werden. Das wiederum sieht man nach TV-Informationen im Bundeslandwirtschaftsministerium kritisch.
Ein Verzicht auf eine Ausschreibung verstoße womöglich auch gegen EU-Vorschriften, heißt es aus Berlin. Ein Experte für Wettbewerbsrecht hat unserer Zeitung gesagt, dass man Ausschreibungen durchaus auch so formulieren kann, dass öffentliche Unternehmen, wie in dem Fall die für die Tierkörperbeseitigung zuständigen Kommunen, den Zuschlag erhalten müssen und private Unternehmen außen vorbleiben.

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