Bildungsministerin im Interview: „Unsere Schulen sind besser als die in den meisten anderen Bundesländern“

Trier · Was denken Jugendliche? Was ist ihnen wichtig und erstrebenswert? Was lehnen sie ab? Die Sinus-Jugendstudie gibt darauf Antworten. Im TV-Interview nimmt Bildungsministerin Vera Reiß Stellung.

 Drei Viertel der Befragten haben sich für ein Schulfach „Benehmen“ ausgesprochen. Foto: Julian Stratenschulte

Drei Viertel der Befragten haben sich für ein Schulfach „Benehmen“ ausgesprochen. Foto: Julian Stratenschulte

Die Sinus-Studie über die teilweise dramatisch unterschiedlichen Lebenswelten von jungen Menschen dokumentiert große Herausforderungen für das Bildungssystem und besonders den Unterricht an den Schulen in Rheinland-Pfalz. Welche Konsequenten ziehen Sie aus diesen Erkenntnissen?
Vera Reiß: Die Studie bestätigt den Kurs, den wir schon seit einigen Jahren eingeschlagen haben: In der Ausbildung und in der Fort- und Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrer muss der Umgang mit einer heterogenen Schülerschaft eine ganz zentrale Rolle spielen. Ziel muss sein, dass die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler im Schulalltag weiter ausgebaut wird. Wir haben da schon einiges erreicht. Im Lehramtsstudium und im Vorbereitungsdienst aber auch im Weiterbildungsangebot wird den Lehrkräften bereits eine breite Palette von Instrumenten vermittelt, mit denen sie unterschiedliche Voraussetzungen und Erfahrungen von Schülerinnen und Schülern im Unterricht auffangen können. Wir müssen und wollen diesen Kurs weiter fortsetzen.

So ticken die Jugendlichen von heute: Sinus-Studie analysiert die vielfältigen Lebenswelten der 14- bis 17-Jährigen

Die unterschiedlichen Typen von Jugendlichen

Wertechaos bei Jugendlichen macht Schulunterricht immer schwieriger

Wie kann eine stärkere Verknüpfung zwischen Schule und privatem Umfeld gelingen?
Reiß: Eine enge Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus halte ich für einen entscheidenden Punkt, wenn es um den Erfolg schulischer Bildung geht. Wir stehen daher schon lange in engem Kontakt mit Vertretern der Elternschaft und haben auch immer wieder die Mitsprache- und Beteiligungsmöglichkeiten von Eltern erweitert. Es gibt viele gute Beispiele, wenn es darum geht, gemeinsam ein motivierendes Lernklima zu schaffen und die Schule für die Schülerinnen und Schüler im besten Sinne des Wortes zum Lebensort zu machen.

Besonders die Jugendlichen mit prekärem Lebensumfeld haben es schwer im Bildungssystem und in der Gesellschaft. Müssen Lehrer für dieses Klientel besonders sensibilisiert werden? Und wie kann das gelingen?
Reiß: Ich habe nicht den Eindruck, dass es unseren Lehrerinnen und Lehrern an Sensibilität für die besonderen Bedürfnisse der Kinder aus sozial benachteiligten Schichten mangelt. Aber natürlich wollen wir die Diagnosefähigkeiten immer weiter verbessern. Die Schulen im Land nutzen die möglichen Förder- und Differenzierungsmöglichkeiten in hohem Maße. Länderübergreifende Vergleiche - beispielsweise zu den bundesweit geltenden Bildungsstandards - haben zudem gezeigt: Es gelingt den Schulen im Land besser als in den meisten anderen Bundesländern, Schülerinnen und Schüler zu fördern, deren Eltern einen niedrigen sozioökonomischen Status haben. Besonders gute Voraussetzungen für eine solche Förderung bietet dabei unser Landeskonzept für die Ganztagsschule, das mit seinem pädagogischen Konzept und dem erweiterten Zeitrahmen zusätzliche Chancen für Unterstützungsangebote nicht nur durch Lehrerinnen und Lehrer, sondern auch durch Mitschülerinnen und Mitschüler schafft.

Welche Rolle werden Hospitationsschulen einnehmen?
Reiß: Neben den Weiterbildungsangeboten, die insbesondere von unserem Pädagogischen Landesinstitut angeboten werden, sind Hospitationen nach dem Muster der best-practice-Beispiele ein zusätzlicher und sehr erfolgversprechender Weg bei der Lehrerfortbildung und der Weiterentwicklung von Schule insgesamt. Hier haben wir schon auf verschiedenen Feldern gute Erfahrungen gemacht und wollen dies daher weiter intensivieren.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort