Wer bestellt, bezahlt: Jahr der großen Veränderungen für die regionale Immobilienbranche

Trier · Der regionale Wohnungsmarkt ist schwer in Bewegung: Das Bestellerprinzip hat das Zusammenspiel zwischen Mietern, Maklern und Vermietern seit Juni sehr verändert. Im September soll in Trier zudem die Mietbremse greifen.

Trier. 70 Quadratmeter in Trier-Süd mit Garten. Und dann steht man da in der stuckverzierten Altbau-Küche mit 20 Leuten, die alle die gleiche Wohnung wollen, und hofft, dem Makler zu gefallen. Hilfreich wäre ein Eins-A-Einkommen, eine bombensichere Arbeitsstelle, natürlich Nichtraucher zu sein, keine Kinder zu haben und schon gar keine Katzen. "Alleinstehende Banker sind bei Vermietern beliebt", sagt Stephan Franzen (Der Vermietungs-Profi). "Viele Vermieter wollen keine Kinder und keine Haustiere", sagt Ralf Schlapp (Schlapp Immobilien). Und auch, wer arbeitslos ist oder Schulden hat, wird das Rennen um die Wohnung wohl kaum gewinnen.

Ein Rennen, an dem sich mehr Menschen beteiligen, seit das Bestellerprinzip gilt: Makler müssen seit Juni von dem bezahlt werden, der sie beauftragt hat. Das ist meist der Vermieter. Und so schauen sich nun auch Menschen, die nicht willens oder in der Lage gewesen wären, die Gebühren zu zahlen, Wohnungen an, die von Maklern vermittelt werden. "Der Zulauf ist höher. Ich sehe das positiv", sagt Schlapp, der Wohnungen nun schneller vermieten kann. Mieter zahlen nur noch dann die Gebühren, wenn sie den Makler schriftlich beauftragen und dieser die Wohnung exklusiv für sie sucht.

Der Immobilienverband Deutschland glaubt, dass dies für Menschen, die schnell eine Bleibe brauchen, zum Problem werden könnte, da sie so "nur in Ausnahmefällen einen Dienstleister finden, der sich für sie auf Wohnungssuche begibt". Der Deutsche Mieterbund sieht für seine Klientel vor allem Vorteile. Auch der Mieterverein Trier kann nichts Negatives berichten.

"Für die Vermieter war es vorher natürlich entspannter", sagt Ralf Glandien, Vorsitzender von Haus und Grund Trier. Dennoch sei der Gedanke, der hinter dem Bestellerprinzip stehe, nicht verkehrt. Auch zeigt der Blick in die Praxis, dass die Vermieter nicht so hohe Kosten haben wie zuvor die Mieter. Zum einen können sie sich das Geld teilweise über die Steuererklärung zurückholen. Vor allem aber können sie verhandeln. Schlapps Provisionen haben sich halbiert. "Da müssen auch Leistungsabstriche gemacht werden", sagt er. Er führt nun mehrere Interessenten gleichzeitig durch eine Wohnung. Franzen lässt nur "in gewissem Maße mit sich sprechen". Der Service bleibt unverändert, die Umsätze seien nach einem schleppenden ersten Halbjahr gestiegen. "Man hat zwar schnell selbst vermietet, aber dann hat man womöglich auch Mietnomaden", sagt er. Viele Vermieter hätten erkannt, dass sie doch einen Profi brauchten, der die Mieter checkt und Verträge ausarbeitet.

Ungewiss ist, ob sich das Bestellerprinzip auf die Mieten auswirkt. In Trier soll eine Mietpreisbremse ab September helfen, dies zu verhindern. Demnach darf die Miete bei Wiedervermietung höchstens zehn Prozent höher sein als ortsüblich. Was das ist, soll ein neuer Mietspiegel zeigen, den die Stadt trotz ihrer angespannten Finanzlage in Auftrag gegeben hat. Vorliegen wird er allerdings erst 2016. Sowohl der Mieterverein als auch Haus und Grund fürchten, dass es zu Rechtsstreitigkeiten kommt, solange keine qualifizierte Datenbasis vorliegt.
Wer Kinder, Katzen oder ein leeres Konto hat, wird es in und um Trier wohl trotz alledem nicht leicht haben, eine hübsche Wohnung zu finden.

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