Bilanz nach zehn Jahren Hartz IV: Kirchen im Land fürchten weitere Kürzungen bei Langzeitarbeitslosen

Trier · Trotz der guten Wirtschaftslage steigt die Langzeitarbeitslosigkeit im Land weiter an. Nun fürchten die Kirchen und die Landesregierung weitere Kürzungen bei den Betroffenen.

Trier. "Fast zwei Drittel der Bezieher von Grundsicherungsleistungen erhalten diese mindestens zwei Jahre und länger", das sagte die rheinland-pfälzische Sozial- und Arbeitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler bei einer Veranstaltung in Trier. Trotz des Wirtschaftsaufschwungs und einer eigentlich ganz guten Lage am Arbeitsmarkt gibt es immer mehr Menschen, die dauerhaft nicht von Arbeit und Wohlstand profitieren. Allein in Rheinland-Pfalz sind von rund 110 000 Menschen ohne Arbeit ein Drittel Langzeitarbeitslose. Tendenz steigend.

"Wir haben die Langzeitarbeitslosigkeit lange unterschätzt, sowohl in ihrem Umfang als auch in der individuellen Problematik", gibt die Politikerin zehn Jahre nach der Einführung der Hartz-IV-Reformen selbstkritisch zu. Denn diese sollten gerade dazu führen, dass Arbeitslose wieder schneller einen Job finden. Nun schlagen Land und Kirchen Alarm: Sie befürchten, dass angesichts der guten Wirtschaftsdaten bei den Langzeitarbeitslosen weiter gespart werden könnte.

Ob Einschränkung der Ein-Euro-Jobs oder Kürzung von Beschäftigungszuschüssen: "Die Integrationschancen der Langzeitarbeitslosen haben sich in den vergangenen Jahren verschlechtert", stellt Professor Stefan Sell, Direktor des Instituts für Bildungs- und Sozialpolitik der Hochschule Koblenz und Leiter einer Studie mit Langzeitarbeitslosen, klar. In einer gemeinsamen Erklärung der Aktion Arbeit im Bistum Trier, dem Caritasverband Trier sowie der Evangelischen Kirche im Rheinland und der Diakonie Rheinland Westfalen Lippe, die gestern in Trier verabschiedet wurde, fordern die Kirchen mehr Investitionen für die Jobcenter. "Das ist ein Bohren dicker Bretter, und wir haben den Durchbruch leider noch nicht geschafft", sagt der Trierer Domvikar Hans Günther Ullrich.

Um die Zahl der Langzeitarbeitslosen zu reduzieren, würden allein in diesem Jahr 25 Millionen Euro aus Landesmitteln und aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) eingesetzt, so Bätzing-Lichtenthäler. Kritisch sei jedoch, dass in den Jobcentern im Land 120 Stellen wegen fehlender Mittel von Bundesseite nicht besetzt werden könnten.

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