Am Ende nur Verlierer: Der Fall Billen ist kein Ruhmesblatt für den Rechtsstaat

Ring frei zur nächsten Runde zwischen Michael Billen und der Staatsanwaltschaft Landau. Ein Fight, wie man ihn nicht alle Tage zu sehen bekommt. Ständig wechselt die Punkteführung, immer abwechselnd landen die Kontrahenten einen Treffer, und wenn man glaubt, einer liege so gut wie k.o. am Boden, dann feiert er nach der Pause wieder ein erstaunliches Comeback.

Wenn eine Gerichtsreportage nach Sportübertragung klingt, kann das an der überbordenden Fantasie des Berichterstatters liegen. Aber es kann auch damit zu tun haben, dass das krasse Missverhältnis zwischen Ursache und Wirkung es schwer macht, die Sache so richtig ernsthaft anzugehen.
Was haben wir im Fall Billen? Einen Politiker, der sich - aus Motiven, die man unterschiedlich bewerten kann - über Regeln des Anstands weit hinweggesetzt und dabei rechtlich höchst fragwürdigen Boden betreten hat. Eine Tochter, die sich als Amtsträgerin nicht korrekt verhalten hat und dafür aufgrund der Prominenz ihres Vaters teuer bezahlt. Eine Staatsanwaltschaft, die einen vergleichsweise bagatellhaften Vorgang mit großem Eifer verfolgt hat. Medien, die das dankbar aufgenommen haben. Ein Landgericht, das wenig Zweifel daran gelassen hat, dass es auf die Klärung und strafrechtliche Verfolgung der Vorgänge keine große Lust hat - und das sich vom BGH jetzt beinhart die Grenzen aufzeigen lassen musste. Nicht zu vergessen im Hintergrund die Politik, die für alle Seiten das Treibmittel lieferte. Die einen, weil sie hofften, mit Billens Hilfe eine Regierung ins Wanken zu bringen. Die anderen, weil sie Billens Fehlgriff zu den Infos aus der Polizeidatei nutzen wollten, um die Opposition zu schwächen.
Verloren haben im Grunde alle. Zumindest an Ansehen. Denn was die Öffentlichkeit wahrnimmt, ist ein jahrelanges, enorm kostenaufwendiges, personalbeanspruchendes Verfahren, das sich letztlich um Peanuts dreht. Ankläger, Richter, Anwälte, die angesichts der allseits beklagten Überbelastung der Justiz wahrlich Dringenderes zu tun hätten. In Trier wartet beispielsweise der ehemalige HWK-Hauptgeschäftsführer Hans-Hermann Kocks seit vier (!) Jahren auf eine Anklage - oder die Entlastung vom öffentlichen Makel, den er tragen muss. Nur ein Fall von vielen.
Ist es zu viel verlangt, wenn man es für normal hält, dass ein Vorgang wie dieser nach spätestens einem Jahr abgeschlossen sein müsste - auf allen Ebenen? Im besten Fall ohne das scharfe Schwert des Strafrechts, mit einer klaren Schuldanerkenntnis, einer glaubhaften Entschuldigung und einem großzügigen "Schwamm drüber". d.lintz@volksfreund.de

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