Auf dem Land schneller als in Trier

Trier/Schweich/Waldrach · Der Notruf 112 geht raus, nach spätestens acht Minuten soll die Feuerwehr am Einsatzort sein - so steht es in der Feuerwehrverordnung des Landes. In Trier können die Brandbekämpfer diese Frist oft nicht einhalten. Besser sieht es im Landkreis aus. Doch ob Kreis oder Stadt - Schadenersatzansprüche lassen sich aus einer Verspätung nicht ableiten.

 Das Planungszentrum: In der Leitstelle der Berufsfeuerwehr Trier geht bei Sven Ney und Kurt Grünen (rechts) ein Notruf ein. TV-Foto: Friedemann Vetter

Das Planungszentrum: In der Leitstelle der Berufsfeuerwehr Trier geht bei Sven Ney und Kurt Grünen (rechts) ein Notruf ein. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier/Schweich/Waldrach. Die Trierer Berufsfeuerwehr steht auf der Liste der inakzeptablen städtischen Mängel. Dies verdankt sie nicht etwa schlechten Leistungen oder mangelndem Engagement ihrer Mitarbeiter. Im Gegenteil: Die Brandbekämpfer leiden selbst am meisten unter den Arbeitsbedingungen in der fast 60 Jahre alten Feuerwache am St.-Barbara-Ufer. Deren Lage macht es zudem in vielen Fällen quasi unmöglich, Stadtteile wie Ruwer-Eitelsbach in der gesetzlich vorgegebenen Frist von acht Minuten zu erreichen.Das Ergebnis ist beunruhigend: Rund 27 000 Häuser, Wohnungen, Läden und Einrichtungen in Trier liegen außerhalb dieser vom Gesetzgeber definierten Einsatzfrist. Dabei ist die Stadt Trier gesetzlich verpflichtet, eine den örtlichen Verhältnissen entsprechende Feuerwehr aufzustellen, auszurüsten und mit den erforderlichen Gebäuden und Einrichtungen auszustatten. Diesem Ziel wird die Stadt wohl erst dann näherkommen, wenn die geplante Nebenwache in Trier-Ehrang - ein 12,5 Millionen Euro teures Projekt der Stadt und des Landes - den Betrieb aufnimmt. Doch bis dahin werden noch Jahre vergehen. Aber andere Optionen gibt es nicht. Zweifellos steuern die Berufsfeuerwehr und die Löschzüge der freiwilligen Feuerwehren im Notfall so schnell wie möglich den Brandort an. Dennoch stehen die acht Minuten im Raum - ebenso wie die Frage nach ihrer rechtlichen Bedeutung und den Folgen, wenn die Frist überschritten wird. "Die Feuerwehrverordnung begründet keine Rechte von Privatpersonen, denn aus der Organisation der im öffentlichen Interesse vorgehaltenen Feuerwehr sollen keine unmittelbaren Rechtsansprüche Dritter erwachsen", sagt David Freichel, Sprecher des rheinland-pfälzischen Innenministeriums. Das heißt: Wer einen Brand meldet und nachweisen kann, dass die Feuerwehr länger als acht Minuten gebraucht hat, kann keine Schadenersatzansprüche stellen. Die Situation in Trier sei ohnehin eine besondere, betont Freichel. "Bei einer engen Auslegung der Feuerwehrverordnung hätte die Stadt Trier drei Feuerwachen bauen müssen."Besser sieht es im Kreisgebiet rund um Trier aus, obwohl dort nur freiwillige Brandbekämpfer zum Einsatz kommen. In den Gemeinden der Verbandsgemeinden Schweich, Trier-Land und Ruwer kann die Acht-Minuten-Regel in den meisten Fällen eingehalten werden. Dies klingt zunächst paradox, denn anders als eine Berufsfeuerwehr müssen die Freiwilligen beim Aufheulen der Brandsirene erst zum Feuerwehrhaus rennen oder fahren. Dieses Manko wird nach Angaben von Kreisfeuerwehrinspekteur Stefan Sihr meist durch kurze und verkehrsfreie Anfahrtswege wieder wettgemacht. Meinung

Gefährdeter StandortvorteilWenn es auf dem Dorf brennt oder sonstiges Ungemach droht, ist die freiwillige Feuerwehr meist schneller am Einsatzort als die Berufsfeuerwehr in Trier. Den Trierer Berufsfeuerwehrleuten darf man dies nicht zum Vorwurf machen - sie sind Opfer der Umstände, wobei der ungünstige Standort am St.-Barbara-Ufer und das fast tägliche Trierer Verkehrschaos die Hauptrolle spielen. Die flächendeckende Versorgung mit kleinen örtlichen Feuerwehren auf dem Land erweist sich da als Vorteil: Sie sorgt für kurze Wege und schnelle Anfahrtzeiten. Doch wie lang noch? Immer wieder flammt die politische Diskussion um die kleinen Dorffeuerwehren auf. Zu teuer seien sie und nur noch eine heilige Kuh der Ortsgemeinden. Viele Kritiker würden sie lieber schon morgen auflösen und an zentralen Standorten zusammenfassen. Die Folge wären längere Anfahrtswege - sowohl zu den Gerätehäusern als auch zu den Einsatzorten. Eine Kostenersparnis zum Preis des heutigen Standortvorteils. f.knopp@volksfreund.deExtra

 Kreisfeuerwehrinspekteur Stefan Sihr.TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Kreisfeuerwehrinspekteur Stefan Sihr.TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Wie schnell sind die Brandbekämpfer in den Verbandsgemeinden Schweich, Ruwer und Trier-Land am Einsatzort? Der TV fragte Kreisfeuerwehrinspekteur Stefan Sihr: Gilt die Acht-Minuten-Regel auch für die Freiwilligen auf dem Land? Stefan Sihr: So ist es. Ein gesetzlicher Unterschied zwischen Stadt und Land besteht nicht. Kann dies überhaupt garantiert werden? Schließlich müssen die örtlichen Wehrleute erst zu ihren Feuerwehrhäusern kommen. Sihr: Die Anfahrtswege innerhalb der meisten Ortschaften sind in der Regel nicht lang. Um sicherzustellen, dass die Feuerwehr innerhalb der acht Minuten wirksame Hilfe leisten kann und um die Probleme mit dem geringen Personalstand an Werktagen meistern zu können, werden grundsätzlich mehrere Feuerwehren alarmiert, die sich an der Einsatzstelle ergänzen. Gibt es in den genannten Verbandsgemeinden besondere Problembereiche? Sihr: Ein Problembereich ist zum Beispiel die Stadt Schweich, wo die Feuerwehrleute teilweise relativ lange benötigen, bis sie am Gerätehaus eintreffen. Hinzu kommen bei Verkehrsunfällen einige Autobahnabschnitte im Bereich der A 1 und A 64 sowie Landstraßen mit einer größeren Entfernung zur jeweiligen Ortschaft. Grundsätzliche Versorgungsprobleme gibt es aber nicht. Würden Sie im Vergleich zu Trier die Anfahrtssituation auf dem Land insgesamt besser einschätzen? Sihr: Aufgrund der anderen Struktur auf dem Land mit einem dichten Netz an Ortsfeuerwehren ist die Situation eher etwas günstiger. Jede Ortschaft verfügt ja über eine freiwillige Feuerwehr, die innerhalb der geforderten acht Minuten die ersten Maßnahmen einleiten kann. f.k.

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