Nachbar zieht Klage gegen Wiltinger Musikverein zurück

Wiltingen/Trier · Freude in Wiltingen: Die traditionsreiche Winzerkapelle muss sich vorerst nicht vor Gericht streiten. Ein Nachbar, der sich von ihren Proben belästigt gefühlt hatte, hat seine Klage zurückgezogen. Allerdings hat er noch andere Möglichkeiten gegen den Verein vorzugehen.

Die Wiltinger Julia Zeimet und Michael Karges können vorerst aufatmen. Die Vorstandssprecher der Winzerkapelle hatten fest mit einem Gerichtstermin am vergangenen Donnerstag gerechnet. Dieser ist aber ausgefallen.

Dabei hatte ein Nachbar gegen die Musiker geklagt. Er fühlte sich durch die Kapelle belästigt und engagierte im vergangenen September einen Anwalt. So wollte er dem Verein die sonntäglichen Proben im Wiltinger Bürgerhaus verbieten lassen. Doch der Anwalt des Wiltingers hat die Klage einen Tag vor der Verhandlung zurückgezogen.

Michael Karges, Vorstandssprecher der Winzerkapelle, ist erleichtert: "Wir sind froh, dass wir nicht zu der Verhandlung gehen mussten." Für den Verein sei die Sache erstmal abgeschlossen, sagt Karges. Anwalt Paul Henseler, der Rechtsbeistand der Musiker erklärt die Hintergründe. Die fünfte Zivilkammer des Landgerichts Trier habe die Klage zunächst zulassen wollen, sich jedoch umentschieden: "Die Richterin hat dem Nachbarn geraten, die Klage zurückzuziehen", sagt Henseler. "Alles Weitere liegt deshalb in der Hand des Klägers."

Das bestätigt auch Andreas Klein, Medienreferent am Landgericht Trier, auf TV-Anfrage. Die zuständige Richterin habe das Verfahren vor dem Termin genau geprüft. Dann habe sie darauf hingewiesen, dass eine Klage auf Unterlassung von Lärmausstoß unzulässig sei und daher keinen Erfolg haben könne. Voraussetzung für die Zulassung einer solchen Klage sei, dass der Nachbar zunächst ein Schlichtungsverfahren anstrenge (siehe Extra).

"Dies war in dem Rechtsstreit wohl nicht der Fall", sagt Klein. Er verweist darauf, dass eine erneute Klage immer noch möglich sei, falls das Schlichtungsverfahren nicht zu einem Ergebnis führe. Wie der Bürgerhaus-Nachbar weiter vorgehen will, lässt sein Anwalt Nico Schmitz offen. "Unser Mandant möchte sich nicht äußern", heißt es auf TV-Anfrage kurz und knapp bei der Trierer Kanzlei Bomm/Schatz.

Laut Karges und Henseler sollte es bei dem Gerichtstermin eigentlich um ein Vergleichsangebot des Klägers gehen. "Er wollte uns die Sonntagsproben komplett untersagen und nur eine Probe an einem Wochentag erlauben", erläutert Karges den Inhalt des Vergleichs.

Zudem habe der Kläger dem Verein in dem Vergleich ein sonntägliches Konzert pro Jahr zugestanden. Karges meint dazu: "Die Winzerkapelle hätte das Vergleichsangebot abgelehnt, wenn es zur Verhandlung gekommen wäre." Die Begründung: "Unser Dirigent hat eigentlich nur sonntags Zeit - nur manchmal montagabends."

Ortsbürgermeister Lothar Rommelfanger versichert auf TV-Anfrage, dass er voll und ganz hinter der Kapelle stehe. Die Gemeinde wolle zum Beispiel die Anwaltskosten des Vereins tragen. Sie sei aber auch schon auf den Bürgerhaus-Nachbarn zugegangen: "Wir haben das Bürgerhaus nicht mehr so oft an Privatpersonen vermietet." Nur wenn es um runde Geburtstage oder Vereine gehe, stimme die Ortsgemeinde einer Anmietung zu.Hintergrund: Rechtliche Vorgaben

Das Landgericht Trier verweist auf ein Schlichtungsverfahren. Das ist laut Medienreferent Andreas Klein zwingend vorgeschrieben in diesem Fall. Geregelt wird das in Paragraf 1 des Landeschlichtungsgesetz. Solche Verfahren sollen unter anderem verhindern, dass jeder Nachbarschaftsstreit vor Gericht landet. Für Verfahren in den Dörfern der Verbandsgemeinde Konz, zu denen Wiltingen gehört, ist Schiedsfrau Gisela Feld aus Wasserliesch zuständig. cmk

Meinung: Fall hat große Bedeutung

Der Wiltinger Bürgerhaus-Streit ist ein Präzedenzfall. Es geht nicht nur um einen Musikverein, der wegen Lärmbelästigung verklagt wurde. Es geht auch um die Zukunft eines viel genutzten Bürgerhauses im Dorfkern. Gerade deshalb ist der Fall beispielhaft.
Denn sollte der Nachbar, der immer noch Rechtsmittel hat, weiter gegen den Verein vorgehen, könnte das weite Kreise ziehen. Letztlich wäre nicht nur jede Veranstaltung im Bürgerhaus gefährdet. Nachahmungsklägern wären Tür und Tor geöffnet.
Deshalb könnte eine juristische Schlappe der Musiker fatale Auswirkungen auf etliche andere Dörfer haben.
c.kremer@volksfreund.de

Die Vorgeschichte:
http://www.volksfreund.de/art8100,4328268

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