Trierer Bischof Ackermann zum Thema Missbrauch: "Wir dürfen nicht unachtsam werden."

Trier · Der Missbrauch in der katholischen Kirche ist aus den großen Schlagzeilen raus. Aber das Thema ist damit nicht vom Tisch, sagt der Trierer Bischof.

Als vor sieben Jahren der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche hochkochte und kaum ein Tag verging, an dem nicht weitere sexuelle Übergriffe von Priestern oder Ordensleuten ans Licht kamen, da machten die deutschen Bischöfe ihren damals noch neuen Trierer Kollegen Stephan Ackermann zum Missbrauchsbeauftragten der katholischen Kirche. In der Folgezeit gab es Tage, da stand Ackermann permanent im öffentlichen Fokus und häufig genug auch unter Beschuss. Für den bis dato weitgehend unbekannten Trierer Bischof aber auch eine Gelegenheit, sich bundesweit einen Namen zu machen. Als Missbrauchsbeauftragter trat Stephan Ackermann auch gelegentlich in den großen Fernsehtalkshows auf.

Gemessen daran ist es rund um das Thema Missbrauch inzwischen deutlich ruhiger geworden, auch wenn sich immer mal wieder noch ein Opfer meldet, wie der Trierer Bischof am Montag beim Redaktionsgespräch mit unserer Zeitung sagt.

Während Ackermann das sagt, veröffentlicht ein Münchner Institut eine vom Bistum Hildesheim in Auftrag gegebene Studie zum Umgang mit Missbrauchsfällen in der norddeutschen Diözese. Darin ist auch von "einem Muster des Wegschauens" die Rede. Ackermann nennt die Studie "offen, schonungslos, beschämend und mahnend". Das Thema bleibe eine ständige Herausforderung, "wir dürfen nicht unachtsam werden".

Ähnlich hatte sich der 54-Jährige erst Anfang vergangener Woche nach einer Konferenz in Rom zum Thema Kindesmissbrauch geäußert. Für die Kirche seien neue Felder hinzugekommen, sagt Ackermann, etwa in der Arbeit mit Flüchtlingen. Unter den Frauen und Kindern gebe es viele, die sexuelle Gewalt erlitten hätten und jetzt traumatisiert seien. Ackermann geht es dabei nach eigenen Angaben nicht nur darum, den Opfern zu helfen. Vielmehr müssten die neu gewonnenen Erkenntnisse auch zur Prävention genutzt werden. "Das ist kein Selbstläufer", so der Bischof.

Neue Zahlen über Opfer und Täter im Bistum Trier will das Bistum erst Ende des Jahres veröffentlichen. Laut Ackermann sind aber nur noch ganz wenige kirchenrechtliche Verfahren gegen Geistliche offen. Darunter ist auch der Fall des ehemaligen katholischen Pfarrers von Freisen im Saarland, der vor zwei Jahren nach Konflikten mit dem vorgesetzten Priester zunächst beurlaubt und später laut Bistum auf eigenen Wunsch in den Ruhestand versetzt worden war. Nach Angaben des Bistums hat sich der Missbrauchsverdacht gegen den Geistlichen erhärtet. Nun müsse die Glaubenskongregation entscheiden, wie es weitergehe. In der Kirchengemeinde polarisiert der Fall, das weiß auch der Trierer Bischof. "Das ist für die Pfarrei verheerend."

Für Schlagzeilen sorgen dürfte auch das von der Bischofskonferenz in Auftrag gegebene Forschungsprojekt über sexuellen Missbrauch an Minderjährigen in der katholischen Kirche. Ursprünglich sollte die nach einem ersten gescheiterten Anlauf neu gestartete Studie Ende 2017 abgeschlossen sein. Doch die Aufarbeitung der Daten zieht sich nun bis ins nächste Jahr. Inzwischen ist von einem Veröffentlichungstermin im September 2018 die Rede.

Mehrere deutsche Institute und Universitäten sind mit der Studie befasst. "Wir wollen Klarheit und Transparenz über diese dunkle Seite in unserer Kirche - um der Opfer willen, aber auch, um selbst die Verfehlungen zu sehen und alles dafür tun zu können, dass sie sich nicht wiederholen", sagt der Missbrauchsbeauftragte Stephan Ackermann. Das Forschungsprojekt sei die "letzte große Geschichte der Bischofskonferenz". Sie laufe mühsam, aber geräuchlos.Extra: SEIT ACHT JAHREN AN DER BISTUMSSPITZE

Stephan Ackermann ist seit Mai 2009 Bischof von Trier. Der gebürtige Mayener wurde 1987 zum Priester geweiht, im Jahr 2000 promovierte er. Ackermann war zuletzt Regens des Studienhauses in Lantershofen, bevor er 2006 unter Reinhard Marx Weihbischof wurde. Vor sieben Jahren wurde der heute 54-Jährige von der Deutschen Bischofskonferenz zum kirchlichen Missbrauchsbeauftragten ernannt. Außerdem ist Stephan Ackermann Vorsitzender der katholischen Friedensorganisation Justitia et Pax.Mehr zum Thema

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