Serie „Landmarken“, Teil 7 Von Mönchen, Wein und Revolution im Ruwertal
Mertesdorf · Serie „Landmarken“: Das Grünhaus punktet als Weingut nicht nur mit Schloss-Optik, es ist auch mehr als 1000 Jahre alt.
Zwei Dingen läuft man im Raum Trier nahezu ständig über den Weg: Weinberge und Kirchengeschichte. Nicht selten hängen beide sogar zusammen, denn das Bistum und die Ordensgemeinschaften mischten im Weinanbau der Region über Jahrhunderte kräftig mit. Vor dem Ortseingang von Mertesdorf (Landkreis Trier-Saarburg) steht mit Schloss Grünhaus ein markantes Bauwerk, dessen Ursprünge auf einen solchen kirchlichen Großakteur zurückgehen. Hier war lange ein Hofgut des Trierer Klosters Sankt Maximin angesiedelt. Erstmals schriftlich belegt ist es am 6. Februar 966 in einer Schenkungsurkunde von Otto I.
Sankt Maximin war seit der Spätantike einer der Großen in Trier. Die Ausmaße des heute noch erhaltenen Hauptgebäudes in der nach der Abtei benannten Maximinstraße lassen die Bedeutung erahnen. Als archäologische Fundgrube kann man getrost die Grabsteine bezeichnen, die einst auf dem Areal standen. Wer Rang und Namen hatte im spätantiken Trier, der ließ sich hier bestatten. Es ist daher nur folgerichtig, dass ein solch bedeutendes Kloster sich auch passende wirtschaftliche Grundlagen schuf. Zu diesen zählte das heute als Grünhaus bekannte Mertesdorfer Weingut.
Das Aussehen hat sich im Lauf der Zeit allerdings stark verändert. Wie die Hofgebäude vor dem 16. Jahrhundert ausgesehen haben mögen, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Anschließend entstanden die meisten der heute prägenden Baukörper. Das Hauptgebäude geht im Kern auf Abt Reiner Biewer aus Trier zurück, im Amt von 1581 bis 1613. Damals wurde am Kloster Maximin umgebaut. Bei diesen Anlässen wurden die Handwerker traditionell auch an den Besitztümern des Klosters tätig, die außerhalb der Stadt Trier lagen.
Das ehemalige Kelterhaus wurde um 1600 errichtet und allem Anschein nach auf ein bereits bestehendes Fundament gesetzt. Das Gebäude und dessen Keller sind zwar noch vorhanden, die äußere Erscheinung hat sich aber grundlegend verändert. Ursprünglich hatte das Erdgeschoss nur Schlitzfenster und kleine, vergitterte Öffnungen. In den 1740er Jahren ließ Abt Willibord Scheffer die profilierten Fenster durch größere, einfachere Rechteckfenster ersetzen. Die Giebelseite erhielt eine neue Eingangstür. Die heutige Gestalt der beiden großen Bauten auf dem Areal wurde dann vor allem durch Umbauten im 19. Jahrhundert geprägt. Doch das geschah erst, nachdem die Mönche nicht mehr Herren der Anlage waren. 1776 besetzten französische Revolutionstruppen die Gegend und enteigneten im großen Stil Besitztümer der Kirche. Die Abtei Sankt Maximin lösten sie 1802 auf, und so ging auch das Grünhaus neue Wege.
Nach der Säkularisierung wurde es zunächst verpachtet und 1811 zum Verkauf ausgeschrieben. In diesem Jahr ersteigerte Peter Marx junior als Immobilienvermittler das Hofgut für 84 700 Francs – fast das Doppelte des Schätzpreises von 45 500 Francs. Umgerechnet auf heutige Eurowerte, ginge es damit sicher um Millionenbeträge. Marx veräußerte den Besitz aber sofort wieder an Friedrich von Handel, der als Adeliger und Domänendirektor zu den einflussreichsten Menschen des Departements gehörte. Nach Erbstreitigkeiten in der Familie Handel kam das Gut durch Versteigerung in den Besitz von Friedrich von Solemacher-Antweiler. Der ließ neben dem Haupthaus als Ergänzung die sogenannte Marienburg errichten. 1863 wurden analog zur Gestaltung der Burg am Haupthaus fünffach getreppte Staffelgiebel aufgesetzt und das Dach angepasst. Damit erhielt das gesamte Anwesen seinen neuen, einheitlichen Stil – ganz im Sinn der Burgen-Romantik jener Zeit. Auch die mit Türmchen geschmückte Umgebungsmauer entstand in diesem Zusammenhang.
Am 31. Dezember 1881 erwarb der Kommerzienrat und Hüttenbesitzer Carl Ferdinand Stumm aus Neunkirchen das Gut. Dessen Tochter Ida hatte im selben Jahr Philipp Christian Theodor Conrad Schubert geheiratet, Oberst und Kommandeur des Eisenbahnregiments Nummer eins und Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses. So erbte das Weingut 1901 Familie von Schubert, die es bis heute weiter betreibt. Von Interesse ist das Grünhaus inzwischen auch für Heiratswillige: Das Standesamt der Verbandsgemeinde Ruwer bietet hier Trauungen im Schloss-Ambiente an.